Nachruf

Dr. Rupert Vierlinger

Wir trauern um den Gründungsdirektor der Privaten Pädagogischen Akademie der Diözese Linz, Herrn Universitätsprofessor Dr. Rupert Vierlinger.

Als eines von fünf Kindern wurde er am 12. Mai 1932 in einem kleinen Dorf in der Gemeinde St. Peter am Wimberg geboren und wuchs unter einfachen Verhältnissen auf, die er in dem Buch „Mandlhut und Stadlhenn“ beschrieb. In diesem erzählt er auch von seinem Heimweh nach der dörflichen Idylle während seiner Jahre im Bischöflichen Lehrerseminar in Linz.

Neben seiner Tätigkeit als Lehrer studierte Vierlinger Pädagogik, Psychologie, Philosophie und Kunstgeschichte in Wien. Noch während des Doktoratsstudiums Anfang der 60er-Jahre nahm er seine Tätigkeit als Übungsschullehrer an unserer Praxisschule wieder auf, hielt Vorträge und war teilverpflichteter Assistent am Lehrstuhl für Pädagogische Psychologie an der Universität Wien. 1967 übernahm er dann die Leitung der neu gegründeten Pädagogischen Akademie, wo er vor allem für sein Beurteilungskonzept, das eine Alternative zur herkömmlichen Ziffernbenotung darstellte, bekannt wurde. Das traditionelle Verfahren schien ihm die individuellen Fortschritte der Schülerinnen und Schüler nicht genügend zu würdigen. Sein Engagement in dieser Zeit galt aber auch der Schulreform – mit der Gründung der Übungsschule für die Zehn- bis Vierzehnjährigen stellte er 1973 erstmals „sein“ Modell einer „echten“ Gesamtschule vor – keine „äußere“ Differenzierung mit Leistungsgruppen, sondern eine heterogene Schüler/-innenzusammensetzung mit ausschließlich innerer Differenzierung. 1980 folgte er einem Angebot der Universität Passau, die Stelle als Ordinarius für Schulpädagogik zu übernehmen. Die Möglichkeiten der gerechten Leistungsbeurteilung und die „Perspektiven einer humanen Schule“ (Buchtitel) blieben auch hier wesentliche Themen. Als Bildungsforscher an der Universität Passau machte er sich national und international einen Namen. Studienaufenthalte in den USA und England, zahlreiche Gastvorträge an in- und ausländischen Universitäten und viele wissenschaftliche Publikationen geben davon ein beredtes Zeugnis.

Rupert Vierlinger war ein begeisterter Musiker, der auch während seiner Zeit als Direktor der Pädagogischen Akademie gerne mit seinen Kollegen im Streichquartett spielte. Während seiner letzten Jahre war es allerdings hauptsächlich das Klavier, dem seine Leidenschaft gehörte. Viele Jahre war er als Leiter des Christkönig Chores tätig und er gestaltete, mit seiner Frau Mathilde als Solistin, zahlreiche Messen auf hohem Niveau.

Wir sind dankbar, dass wir Dr. Vierlinger als liebenswürdigen Menschen und leidenschaftlichen Pädagogen kennen und schätzen lernen durften. Bis zuletzt war er „seiner“ Hochschule sehr verbunden. Er nahm regen Anteil an den neuen Entwicklungen der Pädagoginnen- und Pädagogenbildung, besuchte viele unserer Feste und Feiern, und hielt Vorträge. Wir sind dankbar für die vielen anregenden Gespräche und Diskussionen, seine bedächtige und wohlartikulierte Sprechweise wird uns in Erinnerung bleiben. Was immer er auch sagte war wohlüberlegt und durchdacht. Sein feiner Humor, seine Klugheit, sein kritischer Geist und seine Menschlichkeit werden uns fehlen. Er war uns Mentor und väterlicher Freund. Mit ihm geht ein großer Reformpädagoge und ein bewundernswerter Mensch. Stets werden wir ihm ein ehrenvolles Andenken bewahren.
Unsere aufrichtige Anteilnahme gilt seiner Gattin Mathilde und seiner Familie.
Ein letztes Adieu, lieber Rupert!

„Und doch ist Einer, welcher dieses Fallen unendlich sanft in seinen Händen hält.“ (R.M. Rilke)

 

Franz Keplinger, Rektor

Berta Leeb, VR

Gabriele Zehetner, VR