MINT: Qualität statt Hype

Bildung

Zukunft der Elementarpädagogik

Die EP-Fachtagung an der PHDL war bis zum letzten Platz gefüllt

Linz – 1. Oktober 2025

Bis auf den letzten Platz gefüllt: Die von der Denkwerkstatt Elementarpädagogik organisierte Fachtagung lockte heute 476 Besucher:innen in die AULA. Gerade weil zunehmend auch wirtschaftlich motivierte MINT-Konzepte in Bildungseinrichtungen drängen, wurde beim Thementag “Natürlich Neugierig” der Fokus bewusst auf eine werteorientierte und qualitätsvolle Praxis – kindgerecht und professionell – gerichtet. 

Warnung vor kurzlebigen Trends

Im Fachvortrag erinnerte Dr. Irmgard Burtscher daran, dass die Elementarpädagogik immer wieder Gefahr läuft, von kurzfristigen Trends zwischen politisch-gesellschaftlichen Erwartungen vereinnahmt zu werden – von frühen Förderprogrammen im Zuge des „Sputnik-Schocks 1957“ über Diskussionen zum Schuleintrittsalter ("Vielleicht doch schon die Vierjährigen oder die Fünfjährigen?") oder Digitalisierungsinitiativen ("Sind wir jetzt jungen Kindern schuldig, sie elementar digital zu bilden?") bis hin zu heutigen MINT-Hypes ("Schon oft wurden Elementarpädagog:innen von Modeströmungen abgelenkt, junge Kinder ernsthaft in ihrer Entwicklung zu begleiten"). 

Drei Schwerpunkte im Fokus

Ihr Vortrag gliederte sich in drei Schwerpunkte: elementare Technik (handwerkliches Tüfteln und digitale Medien), elementare Naturwissenschaft (offene Projekte und Kontemplation) sowie elementare Mathematik. Zwischen den Blöcken boten kurze Diskussionsrunden Gelegenheit zum Austausch.

Elementare Erfahrungen statt schneller Rezepte

Immer wieder betonte die Praxisforscherin und Elementarpädagogin die Bedeutung elementarer Erfahrungen: Kinder müssten die Welt mit allen Sinnen und Emotionen und eigenem Gestaltungswillen erfahren und auch ihre Ideen eigenständig umsetzen dürfen. 

Besonders das „Tüfteln“ – handlungsorientiertes, gemeinsames Ausprobieren – sei ein zentrales Feld, in dem Selbstwirksamkeit und echtes Wissen entstehen. Dadurch könne elementares Lernen nicht in der Reproduktion schulischer Inhalte, sondern in sinnlichen und selbstbestimmten Weltzugängen bestehen.

Plädoyer für pädagogische Qualität

Mit ihrem Vortrag rief Burtscher die Berufsgruppe dazu auf, sich für eine qualitätsvolle Elementarpädagogik einzusetzen, die Kinder in ihrer Lebenswelt ernst nimmt und ihnen analoge Erfahrungsräume offenhält. Die Digitalisierung im Kindergarten, so ihr Fazit, müsse kritisch geprüft und stets pädagogisch begründet werden.

MINT-Praxis zum Anfassen

Im Anschluss an den Fachvortrag gaben drei Praxisbeiträge konkrete Einblicke in gelebte MINT-Pädagogik: Mag.a Heidi Jirku zeigte, wie Kinder Naturphänomene erforschen, Agnes Mitterbaur, BEd beleuchtete das Bauen und Konstruieren im Spiel, und Stefanie Schobesberger, BEd stellte vor, wie schon die Kleinsten staunend und forschend die Welt entdecken.

Burtscher-Zitate & Tagungsbilder

Elementarpädagogik im gesellschaftlichen Kontext:

„Es braucht die gesamte Berufsgruppe, um elementare Bildung zu dem zu machen, was sie ist. Das Fundament für ein gutes Leben, das jedem Kind zusteht.“

„Die Elementarpädagogik scheint besonders geeignet zu sein, vom jeweils aktuellen gesellschaftlichen und politischen Zeitgeist vereinnahmt zu werden.“

„Schon oft wurden Elementarpädagog:innen von Modeströmungen abgelenkt, junge Kinder ernsthaft in ihrer Entwicklung zu begleiten.“

„Solide Kindergartenpädagogik muss sich immer wieder bewusst Gehör verschaffen.“

Lernen durch Tüfteln und praktische Erfahrung:

„Herausforderungen hands-on zu meistern gehört zum Menschsein. Wir hätten es sonst nicht überlebt.“

„Tüfteln ist eine existenzielle Notwendigkeit. Wir Menschen mussten immer schon tüfteln, um mit den Gegebenheiten der realen Welt umzugehen.“

„Tüfteln ist lustvolles Agieren in der wirklichen Welt. Gemeinsam Ideen entwickeln und sie umsetzen – das sind elementare Erfahrungen, die später kaum nachgeholt werden können.“

Digitale Bildung kritisch reflektieren:

„In Bayern erhielten pädagogische Fachkräfte in Kitas einen digitalen Bildungsauftrag. Ich beobachte diese neue Entwicklung mit Staunen und großer Aufmerksamkeit.“

„Wir sollten uns stark machen für ein Recht junger Kinder auf Bildung in einem analogen Umfeld und dafür die geeigneten Bedingungen schaffen.“

„Müssen digitale Geräte an erster Stelle stehen, wenn Kinder den Waldboden erkunden? Muss alles digital mit Spezialeffekten bearbeitet werden: Aufgehübscht, verzerrt und verfremdet? Ameisen in Slowmotion, Schmetterlinge in Zeitraffer, Großaufnahme von Schnecken?