Gastvortrag von Jack Hersch

Bildung

Sohn erzählt Vaters Überlebensgeschichte

Jack Hersch bei seinem Vortrag an der PHDL

Linz – 31. März 2025

Tief bewegend war heute am Salesianumweg 3 der Gastvortrag von Jack Hersch ("Flucht auf dem Todesmarsch"). Der US-amerikanische Columbia-Absolvent aus New York erzählte vor mehr als 100 anwesenden PHDL-Studierenden der Lehrveranstaltung "Politische Bildung" (Primarstufe, P-4) eindrucksvoll die Überlebensgeschichte seines Vaters David Hersch.

Von Auschwitz bis zur Flucht nach Enns

Zehn Monate lang musste Hersch in der Granitmine von Gusen schwerste Zwangsarbeit leisten, um im März 1944 mit nur 36 kg – 76 kg hatte er vor den KZ-Lagern – gleich auf zwei sogenannte “Todesmärsche” gezwungen zu werden. Dabei hatte der 19-jährige David Hersch Typhus, Lungenentzündung und Tuberkulose gleichzeitig. Nach einer dramatischen Flucht fand er schließlich durch ein smartes Manöver bei der mutigen Familie Friedmann in ihrem Kuhstall in Enns/Kristein Zuflucht. “Sie waren die mutigsten Leute, von denen ich je gehört habe”, so Jack Hersch. 

David Hersch überlebte die Konzentrationslager Auschwitz und Mauthausen sowie Gusen I und II. Sohn Jack reist jedes Jahr aus New York nach Österreich, um in Kooperation mit dem Mauthausen Komitee einen Gedenkmarsch zu veranstalten und das Andenken an die Ereignisse dieser Zeit wachzuhalten. Am 26. April 2025 soll auf ORF III im Abendprogramm ein Beitrag mit Jack Hersch gezeigt werden.

“Er war einfach mein Vater”

Dr. Beatrix Hauer (PHDL-Institutsleiterin Ausbildung) stellte in ihrer Begrüßungsrede ganz im Sinne von Viktor Frankl und Hannah Arendt die existenzphilosophische Frage in den Raum: “Was bedeutet es, Mensch zu sein – besonders in Extremsituationen?”

“Er war einfach mein Vater." Das wiederholte Jack Hersch ganz unbewusst während seinem Vortrag immer wieder. Für die Welt mag David Hersch ein Holocaust-Überlebender sein für seinen Sohn war er in erster Linie Vater: eine Figur, die sich nicht nur auf seine Geschichte reduzieren lässt, sondern in erster Linie eine Person, die als Charakter und in familiären Beziehungen weiterexistiert hat.

Nachhaltige Eindrücke bei den Studierenden

Zeitzeugenschaft in zweiter Generation hautnah zu erleben ist eine seltene Gelegenheit. Bemerkenswert war der persönliche Zugang seiner eigenen Reise, um die Geschichte der Widerstandskraft des Menschen gegen die vollständige Entmenschlichung weiterzutragen. 

Bei der letzten Frage einer Studentin, was er bei den Erzählungen seines Vaters gefühlt hat, wurde Jack Hersch emotional. Erst als er nach dem Tod seines Vaters 2002 die Fluchtwege in Oberösterreich rekonstruierte, sei ihm klar geworden, was sein Vater alles durchgemacht haben musste. “Ich garantiere Ihnen, Ihre Eltern sind viel cooler, als Sie sie wahrscheinlich selbst betrachten. Finden Sie die Geschichten Ihrer Eltern. Machen Sie nicht den gleichen Fehler, den ich gemacht habe: nicht nachzufragen.”

Nach dem Vortrag in der Lehrveranstaltung von Prof. Doris Neubauer-Hametner, MA MEd. BEd. (Institut Wissenschaftstransfer) betonte eine Studierende: “Wir haben heute schon gespürt, wie tief diese traumatische Vergangenheit in das Leben der nächsten Generationen hineinwirkt.”

Gemeinsam bilden. Gedenkpädagogik

Auch die PHDL-Dokumentation Gemeinsam bilden. Zivilcourage | Anna Hackl verdeutlicht in der jüngsten Begegnung mit Zeitzeugin Anna Hackl, welche christlich-humanistischen Entscheidungen in dunklen Zeiten getroffen wurden. 

Frau Hackl (94) kommt seit mehr als 30 Jahren jährlich an den PHDL-Campus, um Schüler:innen unserer PMS-Mittelschule die Bedeutsamkeit ihrer unmittelbaren Erinnerungen an die Rettung geflüchteter KZ-Häftlinge zu vermitteln und wie wichtig es ist, Geschichte nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. 

Mehr dazu

Gedenkmarsch: Mittwoch, 2. April 2025, in Enns

Interview mit David Hersch im Jahr 1996

PHDL-Führung durch Stollensystem „Bergkristall“, 8. und 9. Mai, in Gusen:

Anmeldung bis Freitag, 4. April 2025