Presse als demokratisches Lebenselixier

Bildung

Eine Veranstaltung des OÖ. Presseclub

Dr. Herfried Münkler in der PHDL-AULA

Linz – 20. November 2024

Rund 300 Gäste nahmen an der gestrigen Abendveranstaltung des OÖ. Presseclubs in der AULA der Privaten Pädagogischen Hochschule der Diözese Linz (PHDL) teil. Im Mittelpunkt stand die Frage: „Wie viel Presse braucht die Demokratie?“

Der renommierte deutsche Politikwissenschaftler Univ.-Prof. em. Dr. Herfried Münkler hielt einen politphilosophischen Vortrag, gefolgt von einer Podiumsdiskussion mit Demokratieaktivist Andreas Kovar und der Politikwissenschaftlerin FH-Prof.in MMag.a Dr.in Katrin Stainer-Hämmerle. Moderiert wurde die Veranstaltung von Dr.in Christine Haiden, Präsidentin des OÖ. Presseclubs.

In den Eröffnungsreden unterstrich PHDL-Rektor Dr. Johannes Reitinger, dass „demokratisches Handeln nicht nur ein Lernziel des Unterrichts und der Lehre ist, sondern in institutionalisierten Lerngelegenheiten auch die Methode, also der Weg dorthin“. Dafür brauche es freie Medien, wie Raiffeisen OÖ-Pressesprecher Dr. Bernhard Marckhgott bekennt: „Illiberale Demokratien haben eines gemeinsam: eine nicht freie Presse.“

Rolle der freien Presse: Lebenselixier der Demokratie

In seinem Vortrag betonte Münkler, dass Demokratie ohne eine starke, unabhängige Presse nicht bestehen kann. Er warnte vor einer „Stimmungsdemokratie“, die durch den zunehmenden Druck auf den Journalismus entstehen. Denn Populismus könne auch aufgrund seiner thymotischen Energie (Wut, Zorn und Hass) dazu imstande sein, „die disziplinierende Frage des Verstandes zunichtezumachen.“

Eine freie Presse fördere dagegen öffentliche Debatten, politische Bildung und Urteilsfähigkeit. Als deliberatives Element bilde freie Presse den „Ort als Bindeglied zur Entscheidungsfindung." Dabei hob Münkler die Notwendigkeit eines fundierten öffentlichen Diskurses hervor: diese sei „die Schulung der politischen Urteilsfähigkeit der Bürger. Das ist das Lebenselixier der Demokratie. Demokratie ist deshalb ein ungeheuer gewagtes Denken.“

Soziale Medien von Sorgfaltspflicht befreit

Soziale Medien hingegen würden sich als sogenannte „Plattformen“ der journalistischen Sorgfalt entziehen und Desinformation befeuern. „Demokratie braucht mehr Presse als sie gegenwärtig hat“, konstatiert Münkler in seinem Schlussplädoyer und gab zu bedenken, dass eine bürgerschaftliche Partizipation historisch gesehen zwar immer wieder gescheitert und zu Ende gegangen ist. Aber: „Wer sich an diesem Prozess nicht beteiligen will, der ist bereit, in die freiwillige Knechtschaft zu gehen.“

Podiumsdiskussion: Bildung und Journalismus als Schlüssel für demokratische Teilhabe

Die anschließende Podiumsdiskussion unterstrich die Bedeutung von Bildung für demokratische Teilhabe und Meinungsbildung. Einigkeit herrschte darüber, dass die Presse ein unverzichtbares Forum für öffentliche Auseinandersetzungen bleibt – trotz Herausforderungen durch Social Media und den Rückgang bezahlten Journalismus.

Frau Stainer-Hämmerle erweiterte die Diskussion um das Spektrum der politischen Bildung, „auch weil wir hier an der Pädagogischen Hochschule sind.“ Bildungseinrichtungen – wie Schulen oder Hochschulen – sollten eine wichtige Rolle bei der Entwicklung einer fundierten Medienkompetenz spielen, um zwischen journalistisch arbeitenden Medien und alternativen digitalen Informationsplattformen zu unterscheiden und damit Desinformation entgegenzuwirken.

Für Demokratieaktivist Kovar habe Journalismus ein ungenutztes Potenzial, Demokratie auch investigativ zu schützen. „Politik sind keine Events, sondern Prozesse.“ Medien sollten diese umfassender begleiten, um Integrität, Compliance und Finanzierung transparenter zu machen.

Publikumsgast Univ.-Prof. Dr. Josef Trappel unterstrich im Interview mit BildungsTV, dass auch „Digital Literacy ein sehr komplexes Phänomen ist, das wir, denke ich, stärker unterrichten müssten.“

ORF-Übertragung

Unter diesem Link finden Sie die ORF-Übertragung in voller Länge.

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