Gedenken an die NS-Opfer

Bildung

Besuch KZ-Gedenkstätte „Bergkristall“

Stollen im KZ Gusen

St. Georgen/Gusen – 11. Mai 2025

Im Rahmen der Gedenkfeiern zum 80. Jahrestag der Befreiung der nationalsozialistischen Konzentrationslager luden Astrid Leitner und Elisabeth Hueber-Mascherbauer das Lehrpersonal sowie Mitarbeitende der Verwaltung zu einem Besuch der KZ-Gedenkstätte „Bergkristall“ in St. Georgen/Gusen ein. 

Rund 60 Angehörige und Interessierte der PHDL folgten dieser Einladung. Unter der Leitung von Rektor HS-Prof. PD Dr. Johannes Reitinger wurde gemeinsam ein Zeichen des Erinnerns und des bewussten Gedenkens gesetzt.

Beklemmende Nähe

Neben der historischen Einordnung der kaum fassbaren Gewalttaten, stand insbesondere die beklemmende Nähe der Anlage zum Ortszentrum im Fokus. Diese geografische Nähe machte das Leid und den Tod der Häftlinge unübersehbar und zu einem Teil des Alltags der damaligen Bevölkerung. So wurde etwa der Schulunterricht bei Fliegeralarm in die Stollenanlage verlegt – Kinder wurden so zu Zeug:innen der unmenschlichen Zustände im Lager.

Verdrängung und späte Aufarbeitung

Auch die späte Aufarbeitung der Geschehnisse rund um die KZ-Anlage „Bergkristall“ wurde thematisiert. Bis weit nach Kriegsende blieb das Ausmaß des Geschehenen vielfach verdrängt. Dass zahlreiche (Mit-)Täter noch lange nach 1945 zentrale gesellschaftliche Funktionen ausübten, war Teil der kritischen Auseinandersetzung. 

Daraus stellte sich für die Teilnehmenden die Frage nach dem konkreten Auftrag, den die PHDL heute daraus ableiten müsse – besonders im Wissen darum, dass mit Johann Gruber ein Opfer des KZ Gusen zu den Lehrenden einer Vorgängereinrichtung der Hochschule zählte.

Erinnern als "persönlicher Auftrag"

Elisabeth Hueber-Mascherbauer betonte als eine der Organisatorinnen: „Der Besuch der Gedenkstätte "Bergkristall" hat mich tief erschüttert. Die Nähe des Grauens, das Leid der Häftlinge und das lange Schweigen danach macht mich sprachlos. Diese Erfahrung hat mir einmal mehr gezeigt, wie zerbrechlich Menschlichkeit ist – und wie wichtig es ist, wachsam zu bleiben. Für mich ist das Erinnern kein bloßer Rückblick, sondern ein persönlicher Auftrag: unsere Demokratie zu schützen, Verantwortung zu übernehmen und jedem Versuch der Entmenschlichung entschieden entgegenzutreten."

Beatrix Hauer (PHDL-Institutsleiterin Ausbildung) dankte allen Beteiligten für ihr Engagement, das Gedenken nicht bei der Rückschau zu belassen, sondern in eine aktive Haltung zu überführen – mit dem Ziel, Unmenschlichkeit in unserer Gesellschaft keinen Raum mehr zu geben. Sie schloss mit den mahnenden Worten der Gedenkstätte: „Die Vergangenheit ist uns eine Mahnung, die Gegenwart ein Auftrag, die Zukunft Hoffnung.“

Mahnmal am Campus – Erinnerungskultur an der PHDL

Diese Haltung spiegelt sich auch im täglichen Hochschulalltag wider – etwa durch den Gedenkort am Campus: vor dem PHDL-Haupteingang besteht durch den Künstler Christian Kosmas Mayer ein besonderer Bezug, der das Kunstprojekt „Wetterleuchten am Horizont“ für den NS-Märtyrer Dr. Johann Gruber (ehemaliger Lehrer und Priester) gestaltet hat. 

Der Gedenkort wurde 2021 eröffnet und gesegnet und lädt zur Auseinandersetzung mit den NS-Verbrechen im KZ Gusen ein. Um den pädagogischen Zugang zum Kunstprojekt zu vertiefen, wurden die Überlegungen des Künstlers in einem persönlichen Interview dokumentiert.

KZ Gusen

Zum Video-Interview

 

Zur Geschichte der KZ-Anlage „Bergkristall“

Die KZ-Anlage „Bergkristall“ in St. Georgen an der Gusen war ein streng geheimes unterirdisches Rüstungsprojekt des NS-Regimes. Ab Anfang 1944 errichteten Häftlinge des Konzentrationslagers Gusen II unter extremen Bedingungen ein weitverzweigtes Stollensystem im Sandstein – mit einer Fläche von rund 50.000 m² stellt es die größte bauliche NS-Anlage auf österreichischem Boden dar. Ziel war die bombensichere Produktion von Flugzeugen.

Die Bedingungen im Tunnelkomplex waren menschenverachtend: Die Häftlinge arbeiteten in mehreren Schichten rund um die Uhr, litten unter Hunger, Gewalt und katastrophalen hygienischen Zuständen. Mehr als 8.600 Menschen verloren beim Bau und Betrieb der Anlage ihr Leben.